Mittwoch, Februar 09, 2011
Angst über der Stadt
Er gehört zu den archetypen des französischen Actionkinos: Jean-Paul Belmondo. Ruppig, grobschlächtig und mit einem losen Mundwerk trat er nach seiner Nouvelle Vague-Zeit auf und wurde dafür von seinen Fans geliebt. So auch in Henri Verneuils Angst über der Stadt (1975), der von Vielen zu seinen besten Werken aus dieser Zeit gezählt wird. Minos, ein geheimnisvoller Killer hat es auf alleinstehende Frauen abgesehen, die seiner Meinung nach, nicht sittsam genug leben. Letellier (Belmondo) wird mit dem Fall betraut, obwohl er gerade damit beschäftigt ist, eine Rechnung aus seiner Vergangenheit zu begleichen und den Bankräuber Marcucci zu fassen. Richtig ernst nimmt er Minos und den Fall zu Beginn nicht. Erst als er Marcucci fassen konnte und es immer mehr Morde durch Minos gab, bläst er zur Jagd auf den Irren und geht in seiner bekannt direkten Art vor. Über weite Strecken ist die Geschichte zwiegespalten, wenn Belmondos Letellier beiden Gaunern nachstellt und das ist auch eines der großen Probleme von Angst über der Stadt. An die zwei Stunden geht der Film und schafft es dabei leider nicht, ein gleichbleibendes Niveau zu halten. Der eigentliche Hauptplot rund um Minos verkommt zu Beginn zu einer Nebensächlichkeit und man versäumt es dadurch, schon früh Spannung aufzubauen. Der Zuschauer wird immer wieder zwischen Minos und Marcucci hin- und hergerissen. Das mag zwar auch Letelliers Gemütszustand beschreiben, ist für den Film an sich aber etwas hinderlich. Sowieso ist es Letelliers Ego und Belmondos Präsenz, die hier allgegenwärtig zu sein scheinen und den Antagonisten wenig Raum zur Entfaltung lassen. Das ist insofern noch immer unterhaltsam, als dass Belmondo die Geschichte so tragen kann aber man merkt auch, dass hier etwas Größeres möglich gewesen wäre. Als problematisch erachte ich auch offensichtliche Logikschwächen des Drehbuchs, die mich sonst weniger belasten, aber es ist schon sehr naiv, wenn Letellier Minos minutenlang in relativer naher Entfernung über die Dächer verfolgt, ihn in der folgenden Szene aber nicht erkennt, obwohl dieser nahezu identische Kleidung trägt. Ähnliche Ecken und Kanten lassen sich im Skript durchgängig finden und trüben so den Spaß auch ein wenig. Tadellos ist dagegen die technische Inszenierung und hier kann der Film mit großartig umgesetzten Actionszenen aufwarten, die auch noch 35 Jahre später zum Mitfiebern einladen. Kombiniert man dies mit dem einzigartigen Charme der 70er Jahre, so bekommt man auch heute noch ein sehr passables Sehvergnügen serviert, welches durch das Drehbuch leider etwas getrübt wird: 6,5/10.
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