Montag, Dezember 27, 2010

Hunting Party - Wenn der Jäger zum Gejagten wird


Die kuriosesten Geschichten schreibt noch immer das Leben und wenn diese dann noch immer nicht ganz ausreichen, kommt die Filmemacher daher und legen noch eine Schippe nach. So auch Richard Shephard, dessen Hunting Party auf dem Esquire-Artikel What I Did on My Summer Vacation basiert. Im Film wird die Geschichte von zwei Kriegsberichterstattern erzählt. Simon (Richard Gere) und sein Kameramann Duck (Terrence Howard) waren das beste Team, bis Simon bei einem Live-Bericht zum Bürgerkrieg in Jugoslawien die Beherrschung verliert und als Konsequenz seinen Job verliert. Duck wird indes befördert und bekommt einen ruhigen Studiojob. Ihre Wege kreuzen sich fünf Jahre später in Bosnien, als Duck für eine Berichterstattung dorthin fliegen muss. Beim Wiedersehen erzählt Simon ihm von seiner Idee, den gesuchten Kriegsverbrecher Boghdanovic zu interviewen, da er durch Kontakte dessen Aufenthaltsort wisse. Vom Jagdfieber gepackt und vom gemütlichen Bürojob gelangweilt, willigt Duck ein und zusammen mit dem Sohn des Senderchefs, Benjamin (Jesse Eisenberg), machen sie sich auf die Suche. Dass Simon indes ganz andere Pläne verfolgt, die NATO scheinbar gar kein Interesse an der Ergreifung Boghdanovics hat und die drei Journalisten für ein Todeskommando des CIA gehalten werden, das wissen Duck und Benjamin beim Aufbrechen noch gar nicht.
Hunting Party, das ist ein schwarzhumoriges Roadmovie durch die vom Bürgerkrieg geprägte Balkanregion, welches am Ende an seiner Unausgewogenheit ein wenig scheitert. Das Grundgerüst der Geschichte basiert ja, wie schon erwähnt, auf einer wahren Begebenheit. Fünf Journalisten haben sich, geboren in einer bierseligen Runde, auf die Suche nach Radovan Karadžić gemacht und kamen ihm näher, als alle öffentlichen Stellen zuvor. Dies im Hinterkopf habend, erscheinen so einige Szenen im Film noch wesentlich bissiger und skurriler und diese machen auch den Reiz aus, wenn die Drei auf Fahndungsplakate der US-Regierung stoßen, auf denen eine Telefonnummer aufgedruckt ist, die nur innerhalb der USA funktioniert, sie auf NATO-Offiziere stoßen, die entweder vollkommendes Desinteresse haben oder sie für ein "Hit-Team" des CIA halten und Kontakte herstellen, die zum Erfolg führen könnten. Diese ganzen Begebenheiten stechen hervor und bereiten auf der einen Seite natürlich großen Spaß, hinterlassen bisweilen aber auch ein Kopfschütteln angesichts der Geschehnisse. Abgesehen von den leichten Modifikationen der ursprünglichen Story, wartet der Film dann mit einem anderen Ende auf, es wird aber erwähnt, dass dies erfunden ist, und einigen anderen filmspezifischen Änderungen. Speziell die eingebaute Liebesgeschichte rund um Simon, die seine Motivation erklären soll, wirkt deplatziert und aufgesetzt, während man mit dem Ende durchaus leben kann und es auch noch Stoff für Diskussionen bietet. Problematisch sind in Hunting Party jedoch Szenen, wo von absurder Komik zur Kriegsrealität umgeschnitten wird. Jene Wechsel wirken wenig ausbalanciert, stören auch teilweise den Rhythmus des ansonsten leichtfüßig inszenierten Films und können dazu führen, dass die Bindung zum Publikum verloren wird. Auch kann man anführen, dass das höchst komplexe Thema Jugoslawienkrieg nicht dezidiert erörtert wird aber diesen Selbstanspruch hat der Film auch nicht. So bleibt ein überwiegend gutes Bild zurück, was auch an Richard Gere und Terrence Howard liegt, die hier unbeschwert aufspielen können, inklusive dem zu diesem Zeitpunkt (2007) noch relativ unbekannten Jesse Eisenberg. Passend für einen Filmabend mit The Lord of War: 6,5/10.

Samstag, Dezember 18, 2010

Videocracy


Als Außenstehender mag man über die Verhältnisse in der italienischen Politik oftmals nur mit dem Kopf schütteln, wenngleich es schon erstaunlich ist, wie ein Mensch der Marke Silvio Berlusconi, dessen Auftritte in der Öffentlichkeit zumindest nie langweilig sind, seit Jahren, wenn auch nicht durchgehend, Ministerpräsident Italiens sein kann.Erik Gandinis Videocracy liefert in der Hinsicht auch keine klaren Antworten, versucht aber, die Rolle des Fernsehens innerhalb dieses Systems zu beleuchten - natürlich aufgrund der Tatsache, dass Berlusconi nicht nur Ministerpräsident ist, sondern auch ein Medienmogul. Wer jetzt hofft, Gandini würde im Stile eines Michael Moore polemisch und fragwürdig abrechnen wollen, der dürfte von jenem Dokumentarfilm enttäuscht werden. Gandinis Herangehensweise ist vielleicht ein wenig unkonventionell. So greift der Erzähler nur selten ein, da Gandini die Bilder und Szenen für sich sprechen lassen will. Auf der einen Seite wird der Zuschauer so natürlich angeregt, sich seine eigenen Gedanken zu machen, andererseits wirken viele Szenen wirrkürlich und der Zusammenhang mag nicht immer klar werden. Auch werden die vermeintlich interessanten Aspekte, speziell die Person Berlusconi und seine politischen Entscheidungen betreffend, nur kurz angerissen. Auch wenn die Intention klar zu sein scheint, wünscht man sich hier etwas Augenmerk. Auf der anderen Seite scheint es Gandini zu geniessen, die Oberflächlichkeit des italienischen Fernsehens zu dokumentieren und die zwielichtigen Gestalten, die im Fahrwasser der Unterhaltungsshows als Selbstdarsteller und Strippenzieher zu Reichtum und zweifelhafter Berühmheit kamen. So schließt sich dann auch der Kreis zum Führer, wie Berlusconi von einem der einflussreichsten TV-Produzenten genannt wird und doch hat man das Gefühl, dass Videocracy so viel mehr hätte sein können, als man letztendlich serviert bekommt: 06/10.

Dienstag, Dezember 07, 2010

DVD-News: Koch Media, Sony MOD und Warner MOD

Beginnen wir mit dem Ausblick erst einmal in heimischen Gefilden. Genauer gesagt bei Koch Media. Die Münchner-Truppe gehört zur Speerspitze der dt. Labelzunft wenn es darum geht, Katalogtitel artgerecht an Mann und Frau zu bringen.

Letzte Woche sind zum Beispiel zwei weitere Titel im Rahmen der Film Noir-Reihe erschienen, wenngleich man hier natürlich meckern könnte, dass es eigentlich gar keine Noirs seien. Nichtsdestotrotz ist speziell die Veröffentlichung von Fritz Langs You and Me (Du und Ich) (1938) ein wahres Highlight, feiert der Film damit doch sein weltweites(?) DVD-Debut. Flankiert wird er von Lewis Milestones The General Died at Dawn (Der General starb im Morgengrauen) (1936).



Im Januar kommen dann wieder Westernfreunde zum Zuge, denn dann wird die Edition Westernlegenden fortgesetzt. Je ein Klassiker von Fox und Universal feiern Deutschlandpremiere auf DVD. Delmer Daves The Last Wagon (Der letzte Wagen) (1956) und Cecil B. DeMilles Union Pacific (1939) mit der bezaubernden Barbara Stanwyck. Im Handel ab dem 28.01.2011.


Wechselt man nun auf die andere Seite des Atlantiks, so gibt es einen neuen Schwung Made on Demand-Discs von Sony - erhältlich u.a. bei DeepDiscount:
  • The Deadly Affair (1966) - Sidney Lumet <-> es gibt eine deutsche DVD von Sony
  • Everything's Ducky (1961) - Don Taylor
  • Idol on Parade (1959) - John Gilling
  • Ladies in Retirement (1941) - Charles Vidor
  • Mark of the Gorilla (1950) - William Berke
  • Screaming Mimi (1958) - Gerd Oswald
  • The Wrong Box (1966) - Bryan Forbes <-> es gibt eine britische DVD von Sony

Bei Warner gab es indes in dieser Woche keine großen Neuigkeiten an der MOD-Front. Fast alle Neuerscheinungen stammen aus dem Bereich TV bzw. sind neueren Datums.
Einzig der Western Fort Dobbs (1958) von Gordon Douglas als Remastered Edition ist zu verbuchen.

Sonntag, Dezember 05, 2010

Wen die Geister lieben...


... sicherlich nicht die deutschen Titeltexter, auch wenn sie hier zumindest nicht komplett daneben geschossen haben. Warum man aber in einer Zeit, wo Anglizismen den Sprachgebrauch sowieso schon prägen, nicht bei Ghost Town geblieben ist, kann ich nicht nachvollziehen. Wie dem auch sei, habe ich mich hier in das weite Feld der RomComs gewagt und es auch genossen, was speziell an Ricky Gervais liegt, der hier die Hauptrolle spielen darf. Als Dr. Bertram Pincus, seines Zeichens Zahnarzt, Misanthrop und Hobbyzyniker, tritt er dem Publikum entgegen und erinnert ein wenig an Nicholsons Melvin Udall aus As Good as It Gets, denn auch Pincus hat es am liebsten ruhig und einsam. Insofern übt er auch den passenden Beruf aus, kann er doch seine nervigen Patienten ganz einfach ruhigstellen, indem er diesen allerlei Zahnarztzübehor in den Mund stopft. Pincus Leben gerät jedoch aus den Fugen, als er bei einer Darmsondenuntersuchung für kurze Zeit einen Herzstillstand erleidet. Seitdem kann er tote Menschen sehen und New York wimmelt nur von diesen Zeitgenossen, die, als sie realisieren, dass Pincus sie sieht, diesen auch gleich belagern, damit er ihnen bei nicht erledigten Aufgaben hilft. Unter diesen Toten befindet sich auch der Lebemann Frank (Greg Kinnear), der Pincus dazu überreden kann, seine Ex-Frau Gwen (Téa Leoni) und ihren neuen Verlobten auseinanderzubringen, da letzterer ein fieser Betrüger sei. Dass dem nicht so ist, findet Pincus auch recht bald heraus, doch die Gegenwart von Gwen weckt auch vergessen geglaubte Gefühle.
Nüchtern gesehen, bietet Ghost Town sicherlich kaum revolutionäre Ansätze für das Genre, bewegt sich aber in dessen Grenzen äußerst gekonnt und bedient sich, wie oben ja kurz erwähnt, bei allerlei erfolgreichen Mitstreitern. Der Zuschauer bekommt so einen höchst unterhaltsamen Film vorgesetzt, wobei es speziell Ricky Gervais zu verdanken ist, dass (zumindest) ich einige Male herzhaft lachen konnte. Für die Rolle des Dr. Pincus scheint er wie geboren und in Verbindung mit seinem britischen Akzent, nimmt man ihm die Rolle des misanthropischen Zeitgenossen ohne mit der Wimper zu zucken ab. Auch wenn seine Dialoge nicht ganz so rau sind wie z.B. in seinem Stand-up-Programm, so gibt es doch auch hier einige Zoten, unter anderem bei der Mumienbeschau mit Téa Leonis Gwen. Diese steht sonst aber im Schatten der männlichen Darsteller, auch wenn ihr Charakter als akademisch-tollpatschig angelegt ist, besteht ihre Aufgabe meistens trotzdem darin, eine gute Figur zu machen. Ganz unterhaltsam ist dafür Greg Kinnear als untreuer, toter Ex-Mann, dessen Ableben in der Eröffnungssequenz schon herrlich makaber ist, und der sich im Verlauf des Films mit Gervais einige Scharmützel liefern darf. Auch wenn der Film dann ohne große Überraschungen zu Ende geht, hat man nicht den Eindruck, seine Zeit hier fehlinvestiert zu haben und für einen vergnüglichen Filmabend (zu Zweit) ist der Ghost Town definitiv geeignet. Wer sowieso ein Freund von Ricky Gervais ist, der kommt an diesem Werk eh nicht vorbei: 7/10