Regisseure wie John Woo oder Johnnie To verehren Jean-Pierre Melvilles Le Samouraï und für viele Filmfans ist Alain Delons Jef Costello die personifizierte Coolheit. Produziert im Jahre 1967 wirkt er doch fast wie ein Fremdkörper in der Kinolandschaft jener Tage. Dabei ist der Film stilistisch und inhaltlich nur eine konsequente Fortsetzung in Melvilles Œuvre. Das klassische US-Kino trifft auf die Nouvelle Vague. Garniert mit einer Prise Samuraifilm entstand so ein zeitloser Klassiker.
Jef Costello (Alain Delon) ist ein Killer, ein eiskalter Profi. Normalerweise erledigt er seine Aufträge präzise. Bei seinem letzten Job, dem Mord an einem Pariser Barbesitzer, wird er jedoch von mehreren Personen beobachtet. Zwar hat er ein scheinbar wasserdichtes falsche Alibi, ausgestellt von (s)einer Freundin Jan (Natalie Delon), doch trotzdem muss er ein stundenlanges Verhör auf dem Polizeirevier über sich ergehen lassen. Es kommt sogar zu einer Gegenüberstellung mit den verschiedenen Augenzeugen. Zu Jefs Verwunderung wird er jedoch nicht eindeutig wiedererkannt. Auch nicht von der Pianistin des Clubs Valérie (Cathy Rosier), der er bei seiner Flucht nahezu in die Arme gelaufen ist. So wird Jef wieder entlassen. Die Polizei ist sich jedoch weiterhin sicher, den richtigen Mann vor sich gehabt zu haben und so beschatten sie von nun an Jef. Zu allem Überfluss wollen nun auch Jefs Auftraggeber, dass dieser von der Bildfläche verschwindet, weil er ja erkannt wurde. Ein erster Mordversuch schlägt fehl und Jef beginnt, den Spieß umzudrehen...
Schweigen ist Gold und an diese Maxime hält sich Melville. Fast 10 Minuten vergehen bis Alain Delon seinen ersten Dialog hat. Worte sind zweitranging und wenn gesprochen wird, dann nicht ohne Grund. Sonst reichen Delons Präsenz und Melvilles Gespür für Bildkompositionen, um den Film und die Geschichte voran zu treiben. Letzteres ist natürlich insofern nicht so schwer, als dass das Grundgerüst nicht zu komplex ist und sich inhaltlich am amerikanischen Gangsterfilm/Film Noir orientiert. Doch erst durch die europäischen Einflüsse, wie eben die Nouvelle Vague und die Reduktion bekannter Elemente, wie eben des Dialogs, zeichnen die Narration und damit einhergehend den gesamten Film aus. Herausragend ist da sicherlich die Eröffnungssequenz. Der Zuschauer blickt minutenlang in einen heruntergekommenen Raum. Zuerst bemerkt man sicherlich nur den Vogelkäfig und hört das Gezwitscher dessen Bewohners. Später fällt einem dann Jef Costello auf, wie dieser auf seinem Bett liegt und eine Zigarette raucht. Überspitzt formuliert braucht man ab dieser Stelle den Film gar nicht mehr weitergucken, erzählt diese Szene doch schon so viel über den weiteren Verlauf, ist Spiegel- und Vanitasbild, Ausgangspunkt für die Reise des verlorenen Titelhelden Jef Costello. Monsieur Melville, chapeau! Ich ziehe meinen Hut: 09/10.
Dienstag, Mai 11, 2010
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