Montag, September 27, 2010

Podcast #15 (The Town)


Die neuste Episode des Filmabend.info-Podcasts ist online und diesmal widmen wir uns vier aktuellen Trailern: Hereafter, The Tourist, The Fighter und The King's Speech. Darüber hinaus tauschen wir unsere Gedanken zu Ben Afflecks neuem Film The Town aus.

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Der Todesrächer von Soho

Bevor Horst "Derrick" Tappert in seine Paraderolle als Fernsehinspektor schlüpfen durfte, wurde er auch kurzfristig durch die deutschen Lichtspielhäuser gereicht, wobei speziell seine Rollenauswahl während der 70er Jahre so einige richtige Heuler beinhaltet. Gleich dreimal startete er zusammen mit dem berüchtigten spanischen Regisseur Jesus "Jess" Franco einen Angriff auf den guten Geschmack.Eine dieser Knüller-Kooperationen ist Der Todesrächer von Soho, basierend auf einer Story von Bryan Edgar Wallace. Während Vatis Stories zehn Jahre zuvor oftmals noch im stimmigen Schwarzweiß auf die Leinwand gebannt wurden, griff man nun auf europäische Regisseure zurück und brachte Farbe ins Spiel, um das Gefühl der 70er abzulichten und den Nerv der Zeit zu treffen. Per se kein Problem, haben doch die Italiener bewiesen, wie man ähnliche Stories schick verpackt als "Giallo" präsentieren kann. Auch dort ist die Hauptgeschichte meist nicht der große Wurf, wenngleich man beim Todesrächer komplett ins Klo gegriffen hat. Dreht sich anfangs noch alles um einen mysteriösen Messermörder, der seinen Opfern freundlicherweise vorher den Koffer als Erkennungszeichen packt, schwenkt man später zu einer Megadroge, verschollenen FBI-Undercoveragenten und anderem Gedöns, um dann kurz vor Toreschluss die Stories doch noch zu vereinen. Das klingt nicht nur holprig, es ist auch so und trotz 75 Minuten Laufzeit zieht sich die Chose auch ordentlich. Richtig knuffig ist aber die stümperhafte Inszenierung. Irgendwo in der spanischen Pampa gedreht, verkauft man das Ganze als einen in London spielenden Film und aus der britischen Metropole stammen höchstens die Archivaufnahmen zu Beginn.
Sonst beschränkt man sich fast nur auf Innenaufnahmen, die auch nur in 3-4 Sets spielen, welche sich abwechseln. Streut man dann echte Außenaufnahmen ein, denkt man meist, man müsse die Optik neu justieren, so eklig ist der Weichzeichner und so ganz kann man den Eindruck nicht verlieren, die Linse war einfach nur dreckig. Tag-Nacht-Ungleiche, südeuropäische Vegetation im vermeintlichen England und Autos, die stur rechts fahren, komplettieren den Schenkelklopfercharakter. Dazu darf Franco nicht einmal in den Sleazebottich greifen und damit es trotzdem etwas fürs Auge gibt, spielt er mit allerlei unkonventionellen Kameraeinstellungen, die dem Ganzen einen prätentiösen Touch geben sollen und fürwahr, manch Außeneinstellung sieht dank Extremweichzeichner und vollkommener Statistenarmut surreal aus. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Film vollkommen Meschugge ist und so vor allem Trash- und extreme EuroKult-Fans anspricht. Der Rest stößt dürfte an seine Grenzen stoßen: 1,5/10. Insofern sollte man schon Angst vor dem Todesrächer aus Soho haben.

Töte alle und kehr allein zurück


Onkel Castellari gelangte ja jüngst zu später Berühmtheit, als Quentin Tarantino u.a. ihm mit seinem Inglourious Basterds eine Hommage kredenzte, auch wenn die Basterds mit den originalen Bastards nicht so viel gemein haben. Unbekannter sind da schon eher seine Ausflüge ins Westerngenre. Sieht man nämlich einmal von Keoma ab, dürften Filme wie Töte alle und kehr allein zurück nicht gerade zum Standardrepertoire der meisten Filmfreunde gehören. Letzteres ist dann aber auch nicht übermäßig verwunderlich, gehört Castellari sicherlich nicht zu den großen Westernexperten. Das Action-/Crimekino ist schon eher sein zu Hause und so ist dann auch jener Töte alle und kehr allein zurück mehr ein Actionfilm im Westerngewand, dessen Story aber auch in fast jedes andere Genre hätte transportiert werden können. Angeheuert von den Südstaaten, soll eine kleine Gruppe Söldner einen Stützpunkt der Nordstaaten angreifen, um das dort gelagerte Gold zu klauen. Angeführt wird der Trupp von Clyde Mac Kay (Chuck Connors), der einige Spezialisten unter sich vereint hat, u.a. den Messerexperten Blade, den Mann fürs Grobe Bogard oder den schießwütigen Kid.nWas die Männer nicht wissen, Clyde und der Südstaaten Captain Lynch (Frank Wolff) haben abgemacht, dass diese jedoch nicht lebend von der Mission zurückkehren werden. Das Unternehmen verläuft nach Plan, bis die Männer nach erfolgreichem Diebstahl an einem Flußübergang festgenommen werden. Sie trauen ihren Augen nicht, als Lynch plötzlich in der Uniform der Nordstaaten vor ihnen steht. Nun beginnt ein weiteres, perfides Spiel um das gestohlene Gold. So reiht sich bei diesem Western auch eine Schlägerei an die nächste, eine Explosion folgt der anderen und Ruhe kehrt selten ein, Westernatmosphäre aber leider auch nicht. Auch die Story wirkt bei näherer Betrachtung sehr fragwürdig - wahrscheinlich legt der Film deshalb ein hohes Tempo an, damit man gar nicht so sehr ins Grübeln kommt. Im Vergleich zu Castellaris späteren Werken sind diese Szenen zwar routiniert inszeniert aber bei weitem nicht so spektakulär wie man es aus seinen anderen Werken kennt. Darüber hinaus krankt der Film an seiner Besetzung. Während Frank Wolff ein bekanntes Gesicht des Italokinos war und seine Sache ganz ordentlich macht, wirkt speziell der Amerikaner Chuck Connors mit seinem Dauergrinsen fehl am Platze und erinnert irgendwie an Paul Hogan aus Crocodile Dundee. Zwar ist der Film auf seine Art noch immer unterhaltsam aber einen bleibenden Eindruck hinterlässt Töte alle und kehr allein zurück nicht: 5,5/10.

Sonntag, September 05, 2010

Podcast (The Expendables, Centurion)


Omahabitch und ich haben heute die 14. Folge des Filmabend.info-Podcasts aufgenommen. Neben einer kurzen Einschätzung zu den Trailern von 127 Hours und Black Swan gibt es auch jeweils eine kurze mündliche Abhandlung zu Centurion (von omahabitch) und The Expendables (von mir). Wünsche viel Spaß. Kommentare können auch gerne hier hinterlassen werden.

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Freitag, September 03, 2010

Bewegliche Ziele

Die interessantesten Geschichten schreibt noch immer das Leben. Unter der Prämisse, Boris Karloff schulde ihm noch zwei Drehtage und er müsse Stockfootage aus The Terror - Schloss des Schreckens (1963) benutzen, genehmigte der legendäre Roger Corman Peter Bogdanovichs ersten bekannten und von der Kritik geschätzten Kinofilm: Targets bzw. Bewegliche Ziele – so der deutsche Titel.
Anstatt jedoch aus dem Stockfootage und eigenem Material ebenfalls in Richtung Gothic-Horror zu gehen, entschied sich Bogdanovich, im Stile des aufblühenden New Hollywood-Kinos, den Horror der Neuzeit auf die Leinwand zu bannen und gleichzeitig schuf er einen letzten Genrehöhepunkt für den Altmeister Boris Karloff.

Die Geschichte erstreckt sich dabei in zwei zunächst parallelen Handlungssträngen. Auf der einen Seite verfolgt der Zuschauer den gealterten Horrorstar Byron Orlok (Boris Karloff), der, sichtlich unzufrieden mit seinem letzten Film, nach einem Testscreening – das Material von The Terror wird hier teilweise eingesetzt – sein Karriereende bekannt gibt. Für seinen Regisseur Sammy Michaels (Peter Bogdanovich) ist das ein Schock, hat er doch die perfekte Rolle für Orlok in seinem nächsten Film, der ganz anders sein soll, als die bisherigen Produktionen mit ihm. Doch Orlok lässt sich nicht umstimmen, auch wenn Michaels ihn immer wieder bedrängt. Orlok ist sich sicher, dass die (Schauspiel)Zeit für ihn abgelaufen sei und die Menschen Angst vor ganz anderen Dingen hätten als noch vor 30-40 Jahren. Nur zu einem letzten Auftritt lässt er sich überreden: die Vorstellung seines neusten Films in einem örtlichen Autokino.
Nahezu gleichzeitig beobachtet man Bobby Thompson (Tim O’Kelly), Typ Nachbarn von nebenan, wie er in einem Waffengeschäft ein Gewehr kauft. Anfangs nichts Ungewöhnliches, doch ein Blick in seinen Kofferraum verheißt nichts Gutes: ein ganzes Waffenarsenal führt er mit sich. Zusammen mit seiner Frau und seinen Eltern wohnt er in einem Einfamilienhaus. Der Zuschauer merkt, dass es in ihm brodelt, und auch Bobby bemerkt seine Entwicklung, doch zu einem Gespräch mit seiner Frau kommt es nicht mehr, da sie während des täglichen Trotts scheinbar keine Zeit für eine Aussprache haben. So folgt der Ausbruch des Vulkans wenige Tage später und Bobby erschießt erst seine Frau, dann seine Mutter und zieht, bis an die Zähne bewaffnet los, um von Industriesilos vorbeifahrende Autos auf dem Highway zu beschießen. Als die Polizei dies bemerkt, flüchtet er und sucht sich ein neues Ziel, indem er sich hinter der Leinwand des nächsten Autokinos verbarrikadiert…

Nun braucht man sicherlich kein Filmstudium um zu erahnen, dass es schlussendlich zu einem Aufeinandertreffen zwischen Byron und Bobby kommen muss, dem modernen Horror und der „antiken“ Variante, doch bevor es soweit ist, bekommt der Zuschauer erst einmal einen Einblick in das Leben der 60er, eine Zeit, die auch Byron nicht mehr zu verstehen scheint. Der Wandel in der Gesellschaft wird also anhand zweier Personen, Byron und Bobby, dargestellt. So ist vor allem die mangelnde Kommunikation der Menschen zu beobachten, die im Falle von Bobby zwar unter einem Haus leben, sich aber nur über Nichtigkeiten austauschen oder gemeinsam die Abende vor dem Fernseher verbringen, wenngleich Bobby seine Probleme gegenüber seiner Frau andeutet, die ihn aber zurückweist.
Byron hingegen ist es Leid, wie ein Relikt vergangener Tage in miserablen Produktionen angegafft zu werden – ein nicht zu übersehender Seitenhieb auf so manch filmischen Ausrutscher in Karloffs Karriere.

So ist der Film nicht nur von der Story her zweigeteilt, sondern auch von der Atmosphäre. Immer wenn Bobby zu sehen ist, macht sich ein Gefühl von Unbehagen breit, diese latente Gefahr, die Ruhe vor dem Sturm und man denkt, er könne jederzeit explodieren. Byrons Part wirkt dagegen viel gelöster, was auch an Sammys Charakter liegt, der ja versucht, Byron noch umzustimmen und so z.B. mit ihm einen Trinkabend in seinem Hotelzimmer veranstaltet, inkl. Kater und einem „schrecklichen Erwachen“. Hier zeigt Karloff auch ungeahnte komödiantische Talente. Deutlich merkt man auch den New Hollywood-Einschlag. Einerseits anhand der Thematik und andererseits an der Optik des Films. Besonders die Außenaufnahmen wurden hier im Guerilla-Stil ohne Genehmigungen gedreht und auch sonst wird bei der Inszenierung auf das Opulente der Spät 50er und 60er Jahre verzichtet und so gibt sich der Film passend zu seinem Thema recht nüchtern, was sich auch im Fehlen eines Score niederschlägt.

Mit Targets ist Bogdanovich jedenfalls ein überaus intelligenter und packender Film gelungen, der jedem Interessierten ans Herz gelegt werden kann: 08/10.

Mittwoch, September 01, 2010

Derailed - Terror im Zug


Die Tatsache, dass Jean-Claude Van Damme eine mögliche Rolle in The Expendables aufgrund des aus seiner Sicht schlechten Drehbuchs abgelehnt haben soll, erscheint angesichts dieses Machwerks in ganz anderem Licht. Rückblickend kann man natürlich argumentieren, er sei heutzutage cleverer bei der Rollenwahl und im Grunde ist ihm das auch zu raten, denn sein 2002er Derailed - Terror im Zug ist das Mieseste was ich von den ganzen alten Actionstars bisher gesehen habe. Das liegt dann auch weniger an der Story, denn die ist aus dem Ex-Sondersowiesoagent-rettet-die-Welt-Baukasten, sondern an der Inszenierung an sich. Wie man anhand des Titels ahnen kann, spielt der Film dann auch die meiste Zeit in einem Zug, wo der gute JCVD als Aufpasser für eine osteuropäische Profieinbrecherin agiert, die ein gestohlenes Gut aus der Slowakei nach Deutschland bringen soll. Guckt man sich den Film zu Ende an, fragt man sich zwar schon noch, was der Schwachsinn eigentlich sollte, da man es wesentlich einfacher hätte bekommen können aber der Knüller sind eindeutig die Effekte. Hier ist es in der Tat erstaunlich, wie man trotz nicht existentem Budget zwanghaft an den Effekten festgehalten hat. So bekommt man dann auch eine Mischung aus Märklin-Heimanlage und C64-CGI serviert, die an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten ist. Selbst simple Autoverfolgungsjagden werden bei Alarm für Cobra 11 besser dargestellt als in diesem Machwerk. In Kombination mit der flachen Story, samt dem kongenialen Killervirenkniff, der das Gezeigte noch unglaubwürdiger macht, den langweiligen Fights und den austauschbaren Schauspielschablonen entfaltet sich eine Melange des Grauens, bei der selbst die hartgesottensten B-Actionfans in Erklärungsnot geraten. Wenn sich ein Film die Minimalpunktzahl verdient hat, dann Derailed - Terror im Zug: 01/10.