Sonntag, Oktober 26, 2008
Die Russen kommen! Die Russen kommen!
Für Außenstehende dürfte jenes Bild, welches von Norman Jewison in Die Russen kommen! Die Russen kommen! gezeichnet wird, etwas befremdlich wirken, wenngleich es wohl recht adäquat die Paranoia des Westens wiederspiegelt, dass der Russe plötzlich vor der Tür stehe. Ein ähnliches Szenario stellt ja auch Steven Spielberg einige Jahre später in seinem 1941 - Wo, bitte, geht's nach Hollywood? auf. Hier sind es keine Russen sondern Japaner, die für Aufruhr in der Bevölerung sorgen und auch das Szenario ist nicht im Kalten sondern im Zweiten Weltkrieg angesiedelt. Nichtsdestotrotz sind diverse Parallelen festzumachen. In Jewisons Satire über die Angst der Amerikaner vor dem einstigen Erzfeind ist ebenfalls ein U-Boot verantwortlich, welches vor einer kleinen US-Insel auf Grund läuft. Die russische Besatzung ist verzweifelt und schickt einen kleinen Erkundungstrupp los, der ein Boot besorgen soll, welches das Unterseebot befreien soll. Der Anführer des Korps ist Leutnant Rozanov (Alan Arkin), der auch fließend Englisch sprechen kann, was durchaus von Vorteil ist, da die Eindringlinge schnell Bekanntschaft mit den ersten Amerikanern machen: Es ist die Familie Whittaker, die auf der Insel Urlaub macht. Kurzerhand borgt man sich, nachdem man freundlich aber bestimmt die Lage erklärt hat, das Auto der Familie aus, um sich in Richtung Hafen aufzumachen. Walt (Carl Reiner), Anführer und Vater im Whittaker Clan, ist jedoch ein ganzer Amerikaner und lässt sich von den Roten nicht unterkriegen und befreit, unter dem Jubel seines patriotischen Sohnes, aus der temporären Gefangenschaft und radelt dann auch seines Zeichens ins Dorf. Das Auftauchen der Russen bleibt natürlich nicht unbeachtet und schon bald verbreitet sich die Nachricht, der Russe sei gelandet, wie ein Lauffeuer auf der Insel: Bürgerwehren werden gegründet und die ganze Sache nimmt immer absurdere Züge an sich: So wird aus der 9 Mann-U-Boot-Besatzung bald ein ganzes Luftlandeunternehmen inkl. Marineunterstützung. Das Chaos ist vorprogrammiert und Walt ist mittendrin, der verzweifelt versucht, die Lage etwas zu beruhigen. Natürlich sind der Plot und die ganzen Begleitumstände, wie die Russen nun genau auf die Insel gelangen, stark an den Haaren herbeigezogen aber nichtsdestotrotz wirkt das Geschehen authentisch inszeniert, was vor allem am Verhalten der braven US-Bürger auszumachen ist. Man kann sich gut ausmalen, wie die Bevölkerung Ende der 60er Jahre auf solch eine Meldung reagiert hätte und so ist es schon ein herrliches Vergnügen, dem Trubel auf der Insel zu folgen, wie alte Armeehaudegen sich zu Führern der Bürgerwehr ernennen und plan- und orientierungslos über die Insel jagen, um den Feind zu stellen und zu schlagen. Geradezu harmlos und ängstlich wirken da die armen Russen angesichts des martialischen Benehmens der Einwohner und trotzdem finden sie noch die Zeit, sich für ihr Verhalten zu entschuldigen, wenn sie z.B. einer alten Dame die Telefonleitung kappen. Man merkt, dass der ganze Verlauf des Kalten Krieges inkl. aller Blüten zu keinem Zeitpunkt rational zu begründen war und so plädiert der Film auch dafür, dass auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges Menschen wie du und ich leben. Dass dabei die Gagdichte aus heutiger Sicht nicht im oberen Drittel anzusiedeln ist, ist ähnlich vertretbar wie die Tatsache, dass man nicht ohne eine obligatorische Liebesgeschichte auskommt. Man muss es als Tribut an die Entstehungszeit ansehen und so ist auch die Lösung des Filmes am Ende herrlich naiv gewählt aber erfüllt seinen Zweck. Eine richtig bissige Satire wäre zu der Zeit auch fast undenkbar gewesen. 6,5/10
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