Aller Anfang ist bekanntlich schwer und in diesem Fall in zweierlei Hinsicht, da ich mit The Cocoanuts nicht nur meine "Classic Corner" einweihe, sondern weil dieser Film auch das erste Werk der Marx Brothers repräsentiert, welches in den Lichtspielhäusern gezeigt wurde. Zum besseren Verständnis sollte man wissen, dass die vier Brüder - in späteren Filmen ist es dann nur noch ein Trio - in den 20er Jahren schon auf der Theaterbühne große Erfolge feiern konnten und sie so zu Broadwaygrößen avancierten.
In dem Zusammenhang ist es dann auch nicht ganz so verwunderlich, dass The Cocoanuts und der nachfolgende Animal Crackers Portierungen ihrer Bühnenshows waren. Speziell beim Erstgenannten fällt dies insofern stark ins Gewicht, als dass hier das Szenenschema des Theaters ganz klar beibehalten wird, nach jeder Einstellung wird ab- und aufgeblendet und zwischen den einzelnen Szenen gibt es keine Übergänge. Ansich kein großes Hindernis, denn die einzelnen Stärken der Marx Brothers kommen auch so zur Geltung: Genaugenommen gibt es Harpo Marx, der nie ein Wort spricht und in der Manier der großen Slapstickgrößen wie Keaton oder Chaplin die Lacher auf seiner Seite hat, bisweilen aber die Harfe spielt oder mit seiner Tröte für Töne sorgt. Daneben gibt es noch Chico, markant mit seinem Spitzhut und dem italienischen Akzent und natürlich den einzigartigen Groucho, der mit seiner Zigarre und dem falschen Schnauzbart unverkennbar ist und, spätestens beim Öffnen des Mundes, für seine Wortgewandtheit gefürchtet wird, denn wie ein Maschinengewehr lässt er die Silben ab und formt sie zu Angriffen auf die Lachmuskeln. Man könnte meinen, allen für Groucho habe man den Tonfilm erfunden. Dass der vierte im Bunde Zeppo nur eine Randfigur gespielt hat, zieht sich dann auch wie ein roter Faden durch alle restlichen Filme, bis er schließlich die Schauspielkarriere an den Nagel gehängt hat und ins Management des verbliebenen Trios gewechselt ist.
Schaut man sich nun aber The Cocoanuts an, der von der Story nicht gerade allzu gewieft ist, handelt er von einem Hotelier - verkörpert durch Groucho - der den Boom in Florida ausnutzen will, um seine Grundstücke an die solvente Kundschaft zu bringen und auch nicht vor dem Einsatz unlauterer Mittel in Form von Harpo und Chico zurückschreckt und obendrein auch noch in einen Juwelendiebstahl in seinem Hotel verwickelt wird, merkt man an einigen Stellen, dass der erste Film noch unausgereift wirkt.
Die Marx Brothers selbst haben damals die Schuld auf die beiden Regisseure geschoben, die zum Teil von Komödie keine Ahnung hatten oder nicht einmal korrekt Englisch sprechen konnte. Es wird gesagt, sie wollten sogar das Master kaufen, um es anschließend zu verbrennen...
So schlimm ist das Endprodukt dann nicht geworden aber man kann erahnen, was den Brüdern gestunken hat. Für einen Film mit den Marx Brothers sind eben jene nicht so oft im Bilde, bleibt die Geschichte doch auch oft bei den anderen Protagonisten hängen und so zeugt schon die Eröffnungssequenz von diesem Manko, da der Zuschauer erst einen schönen Establishing Shot des Strandes in Florida - bzw. des Paramount Filmstudios - zu sehen bekommt, gefolgt von einer gesungenen Liebeserklärung eines frisch verliebten Paares, die zwar im Laufe der Geschichte noch eine Rolle rund um den Diebstahl der Juwelen spielen aber eben nicht zu den titelgebenden Figuren gehören. Erst nach dem Ständchen bekommt man endlich Groucho zu sehen.
Hier stimmt einfach die Balance noch nicht und die Brüder können ihre Stärken noch zu selten ausspielen. Dass sie zu den ganz Großen ihrer Zunft gehörten, beweisen sie aber schon mit der Jagd durch die beiden Zimmer der Damen oder Grouchos Erörterung des Planes für Chico, was in dem kongenialen Runninggag "viaduct - why a duck?" endet und der haarsträubenden Versteigerung der Grundstücke.
Was wiederum negativ auffällt sind die Musicalnummern, die in ihrer Anzahl und Dauer eher lästig und deplatziert wirken, da auch sie den Fluss des Filmes stören und auch nicht an jene Klassiker heranreichen, für die das Genre bekannt wurde. Man kann fast meinen, dass Paramount, angesichts der Tatsache, in Ton drehen zu können, etwas zu viel in den ersten Marx Brothers-Film stecken wollte. Übrigens sollte man einmal darauf achten, dass alle Papiere triefend nass waren, damit das Rascheln die fragile Tontechnik des Jahres 29 nicht beeinflusst. Damals war das Filmemachen eben noch etwas einfacher und trotz der Macken hier und dort, bekommt der Film noch seine 6,5/10 Punkte.
Freitag, Oktober 03, 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Schöner Einstand!:)
Kommentar veröffentlichen