TV-Serien sind wahre Geldmaschinen. Nahezu jedes Genre wird bearbeitet und TV-Serien haben einen großen Vorteil gegenüber Filmen: Sie können noch wesentlich besser Entwicklungen zeigen, da sie den zu vermittelnden Stoff nicht innerhalb von zwei Stunden präsentieren müssen. Auch hat der Zuschauer eine noch bessere Identifikationsmöglichkeit mit den Akteuren. Wahre Meister in diesem Fach sind, wie sollte es auch anders sein, die Amerikaner. US-Serien sind nicht nur teurer und sehen dadurch besser aus, nein, sie bieten auch inhaltlich viel mehr, besonders wenn es um sog. Drama-Serien gehen. In meinen Augen einer der besten Vertreter stammt aus dem HBO-Lager. Es geht um:
Die Sopranos
Im Mittelpunkt dieser Serie, die nach sechs Seasons in diesem Jahr zu Ende geht, steht Tony Soprano, gespielt von James Gandolfini. Er ist nicht nur Familienvater im herkömmlichen Sinn, sondern auch das Mitglied in einer anderen familiären Gemeinschaft. Als Capo untersteht er dem Boss der Jersey-Mafia. Er sieht sich also nicht nur dem täglichen Stress zu Hause konfrontiert, sondern auch mit dem, dem er durch sein Geschäft ausgesetzt ist.
Aus diesem Grund, und auch ein wenig auf Anraten seiner Frau Carmela (Edie Falco), begibt er sich in Therapie bei Dr. Melfi (Lorraine Bracco), die schnell merkt, dass sie es hier mit einem etwas anderem Patienten zu tun hat. Nichtsdestotrotz und wohl auch aus Neugierde, willigt sie ein, Tony als Patienten zu therapieren. So öffnet Tony, manchmal etwas widerwillig, sein Herz und erzählt, wenn auch oft metaphorisch, von seinen Problemen mit Onkel Junior (Dominic Chianese), der während der ersten Staffel zum neuen Boss der Familie avanciert und für Tony schlußendlich eine große Gefahr darstellt oder von seiner Mutter Livia (Nancy Marchand), die durch und durch durchtrieben ist und ein undurchsichtiges Spiel treibt.
Daneben treten noch Tonys Soldaten Paulie (Tony Sirico), Christopher (Michael Imperioli), Silvio (Steve van Zandt) und Pussy (Vincent Pastore) auf, die das Business manchmal durch leichtsinnige Aktionen gefährden. Besonders um Pussys Person gibt es zum Staffelfinale Kontroversen, hat sich doch eine Ratte in die Familie eingeschlichen und ausgerechnet jetzt ist Pussy verschwunden. Aber auch mit den Kindern Meadow (Jamie-Lynn Sigler) und Anthony Jr. (Robert Iler) hat Tony es nicht immer leicht, seinen eigentlichen Job zu verheimlichen und sowieso ahnen die Kids, was ihr Dad beruflich treibt. Dazu kommt die Pubertät und der alltägliche Wahnsinn in Schule und Co.
Was macht die Serie so außergewöhnlich? Wieso fasziniert sie so eine große Schar von Zuschauern? Vieles bekommt man schon in der Pilotfolge vermittelt: Es ist diese explosive Mischung aus Authentizität, schwarzem Humor, Action und Dramatik, die einen packt. Fast zu Beginn, kurz nachdem Tony das erste Mal zu einer Sitzung bei Dr. Melfi erscheint und sie ihm nach seinem Geschäft und Tag fragt, sieht man diese Mischung hochgehen. Die Kombination aus dem, was Tony Melfi sagt, wie z.B., dass er mit einem Geschäftspartner gerade eine Tasse Kaffee getrunken habe und den Bildern, in denen gezeigt wird, wie Tony einem Schuldner auf offener Straße die Knochen bricht, die Kamera voll drauf bleibt, zeigt, auf was man sich ungefähr einstellen sollte. Man sollte diese Szene auf sich einwirken lassen, dabei auf das nuancenreiche Spiel Akteure achten, um die ganze Magie spüren zu können. Nichtsdestotrotz ist er ein liebevoller Familienvater, kein herzensloser Killer, so wie alle seine Freunde aus der Mafia, die sich ebenso mit alltäglichen Problemen herumschlagen müssen. Der Zuschauer findet also leicht Zugang zu den Personen, man durchlebt die Probleme teilweise mit, dazu kommt die Tatsache, dass die Folgen kontinuierlich auf sich aufbauen, jede ihren Klimax hat und so die Spannungskurve linear ansteigt. Sei es nun der Konflikt zwischen Junior und Tony, der eine verdammt drastische Wendung unternimmt, an der Livia, sprich Tonys Mutter, auch wenn sie so tun mag, nicht ganz unschuldig ist. Ich möchte hier ungern Spoilern. Des Weiteren bleibt die Familie natürlich auch nicht vor Polizeioperationen geschützt, ein Fakt, den die Mitglieder zu spüren bekommen und schon bald erhärtet sich der Verdacht, dass ein Spitzel unter ihnen sei, ein Moment, der auch als Cliffhanger für die zweite Staffel fungiert, gleichwohl mit dem Konflikt zwischen Livia und Tony, der in einem höchst dramatischen Staffelfinale der Season 1 endet. Es ist schwer das komplexe Gebilde den Leuten zu vermitteln, die noch keinen Blick auf diese Serie gewagt haben und es ist unverständlich, wie sträflich die Sopranos vom deutschen Fernsehen behandelt wurden. Wobei bei dieser schaurigen deutschen Synchronisation, es auch keine wirkliche Schande ist. Denn diese Serie muss eindeutig im O-Ton geguckt werden, denn die Flucherei, der Akzent, die Wortspiele sind schlicht unübersetzbar. Viel der Authentizität geht dadurch verloren und man macht sich das Ganze dadurch auch kaputt. Und Staffel 1 ist erst der Anfang... Bald gibt es an dieser Stelle mehr von dieser ganz speziellen Familiengeschichte.
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