Sonntag, Dezember 10, 2006

Der gebrochene Pfeil



Die Rolle der amerikanischen Ureinwohner ist in den meisten Western mehr als beschränkt, verkörpern sie doch das Feindbild verrohter Wilder, die die armen weißen Siedler überfallen, Rauben und Brandschatzen. Dieses Bild änderte sich eigentlich erst, als die Blütezeit des Genres schon längst überschritten wurde. Eine Ausnahme ist hier jedoch „Der gebrochene Pfeil“ von Delmar Daves aus dem Jahr 1950 mit James Stewart in der Hauptrolle.

Der ehemalige Soldat Tom Jeffords (James Stewart) ist auf dem Weg durch die Prärie Arizonas, einem Gebiet, welches seit über zehn Jahren Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen von weißen Siedlern und den ortsansässigen Apachen ist. Während seiner Reise begegnet Jeffords einem verwundeten Apachenjungen und pflegt diesen so gut er kann. Langsam beschleichen ihn Zweifel bezüglich der allgemeinen Vorurteile gegenüber den amerikanischen Ureinwohnern. Aufgrund seiner aufopferungsvollen Tat, wird er von den Indianern verschont. An seinem Ziel angekommen, einer kleinen Stadt voller verbitterter Bürger, plädiert er für eine friedliche Lösung des Konflikts und erntet dafür nur Mißgunst und Hass von den Mitmenschen. So macht er sich allein auf den Weg in das Apachengebiet, um mit dem Häuptling Cochise zu reden. Während seiner Aufenthalts lernt er nicht nur die Kultur die Indianer kennen, sondern verliebt sich auch noch in eine schöne Apachin. Die ersten Schritte für einen Frieden getan, doch der Weg ist noch lang und steinig, wie alle Protagonisten im weiteren Verlauf erfahren müssen...

„Of this motion picture the screen can be proud... Today... Tomorrow... A generation from now...“ so lautet die Werbezeile des Films und im Gegensatz zu vielen anderen marketingwirksamen Phrasen, hält sie auch, was sie verspricht. Denn Daves Western ist ein Plädoyer für Menschlichkeit und Gleichberechtigung. Die Indianer werden hier so gezeigt, wie sie sind, nämlich als fühlende, soziale und intelligente Menschen, deren Lebensinhalt nicht aus Mord und Totschlag besteht. Die westerntypische Schwarz/Weiß-Malerei findet hier nicht statt, so gibt es Verräter auf beiden Seiten. Das Miteinander und die Suche nach einer friedlichen Lösung werden hier zelebriert, verpackt ist dies in eine durchaus spannende Story, die ohne große Schnörkel oder doppelte Böden den eingeschlagenen Stil konsequent verfolgt und auch beim Ende, welches mich dann doch etwas erstaunt hat, keine pathetische Lösung präsentiert. Etwas schwülstig und angestaubt wirkt zwar die Liebesgeschichte zwischen Jeffords und der jungen Apachin, doch dieser Eindruck entsteht wohl eher aufgrund der fünfzig Jahre Unterschied zwischen dem Produktionsdatum und dem Jetzt. Nichtsdestotrotz verliert das Gezeigte nicht seinen Charme, und die Technicolor-Farben erstrahlen in einem satten Spektrum und zeigen ein schön fotografiertes Terrain, welches einem Bildband über Arizona entnommen sein könnte. Überraschend für mich ist auch der angeschlagene Härtegrad des Films, geht man doch bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen nicht gerade zimperlich zur Sache. Dies führt zu einer authentischen Darstellung des Geschehens. Eingebettet ist der Film in einen Off-Kommentar Jeffords, der hier rückblickend über die Vorkommnisse berichtet und immer wieder persönliche Eindrücke einstreut, welche aus der Story so nicht ganz ersichtlich wurden. So ist das Hereinfühlen in den Charakter erleichtert und seine Aktionen nachvollziehbar. Große Spannungssprünge gibt es nicht, der Film bleibt auf einem konstant hohen Niveau und unterhält seinen Zuschauer entsprechend. Ankreiden könnte man dem Film rückwirkend höchstens seine Einfachheit, beschränkt man sich doch nur auf den Hauptplot, Nebengeschichte oder andere Konflikte werden ausgegrenzt und auch die Erzählweise ist vollkommen linear. Hier hätte man vielleicht mit ein wenig mehr Einfallsreichtum noch das I-Tüpfelchen herausholen können.
Nicht ganz an das Niveau der Story anknüpfen können leider die Schauspieler. Zwar hat man mit James Stewart einen zum damaligen Zeitpunkt mehr als erfahrenen Darsteller gewinnen können, doch wirkt das Gezeigte stellenweise zu aufgesetzt. Eine Identifizierung mit seiner Figur wird so leider etwas erschwert, da der Zugang zum Publikum versperrt ist. Erst zum Ende hin entfaltet sich sein Talent, und in der Schlusssequenz zeigt er uns dann, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Damit hätte er ruhig schon ein wenig früher anfangen können. Auch Jeff Chandler als Apachinhäuptling Cochise bleibt etwas blass. Hier hätte ich mir ein impulsiveres Spiel gewünscht, wenngleich die Motivation seines Charakters durch die gebotene Darstellung angemessen vermittelt werden kann. Aus der Riege der Nebendarsteller kann sich auch niemand profilieren und so verrichten sie ihr Werk nach besten Kräften und runden das weiterhin positive Bild dieses Westerns ab.

Im Grunde erscheinen die hier angeführten Kritikpunkte auch haarspalterisch, überwiegen doch ganz klar die positiven Aspekte von „Der gebrochene Pfeil“. Mit diesem Western gelingt es Delmar Daves einen entscheidenden Beitrag zur Rehabilitierung der Indianer im US-Western zu liefern, wird hier nämlich nicht mit altbekannten Stereotypen gearbeitet, sondern die Gleichstellung der Ureinwohner betont, ein für die damalige Zeit mutiger und bedeutender Schritt. 08/10

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