Sonntag, Januar 07, 2007

Die Schlangengrube und das Pendel

12 zu Tode gequälte Jungfrauen, dazu Old Shatterhand, die bezaubernde Karin Dor und Christopher Lee im tiefsten Bayernlande. Wenn das mal kein Schmankerl für den Filmfan ist, der bisher alles zu sehen geglaubt haben will. Regisseur Harald Reinl, dem geneigten Kenner durch einige Edgar Wallace Adaptionen bekannt, scheint sich 1967 wohl folgendes gedacht haben: Die Briten haben sie, die Italiener auch und selbst in Spanien wird's gedreht, nur Deutschland darf nicht mitspielen. Die Rede ist von Gothic-Horror, richtige Oldschool-Schinken und "The Torture Chamber of Dr. Sadism" - ja, auch ausländische Titel für deutsche Filme können mehr als putzig sein - ist so ein Film. Wohlwollend könnte man in Anbetracht dieses Films sagen, Reinl habe sich bei seinen ausländischen Kollegen inspiriert, man könnte aber auch einfach sagen, er habe fleißig geklaut: Ein bisschen Corman hier, ein wenig Bava dort. Das wirkt teilweise sehr aufgesetzt und besonders die Szene mit der Kutsche im Rot des Sonnenuntergangs haut von der Farbkomposition wenig hin. Der gute Mario aus Italien hatte da eben doch ein wenig mehr Talent. Mal abgesehen von solchen Fauxpas', bekommt der Zuschauer hier ein Stück naiver Kinogeschichte präsentiert, quietschig skurril mit Schaufensterpuppen als schlecht getarnten Leichen, Plastiktotenschädeln und einer schröcklichen Schlangengrube mit 5 oder 6 Bewohnern. Nichtsdestotrotz, der Film ist verdammt unterhaltsam und spätestens wenn der Kutscher so aus heiterem Himmel mit Herzinfarkt vom Bock purzelt, der falsche Pfarrer den Insassen an die Brüste geht und Old Shatterhand als einziger kühlen Kopf behält, während draußen Christopher Lees untoter Diener über den Bildschirm wackelt, da bleibt kein Auge trocken, wenn auch unfreiwillig. EuroCult as its best, und solch Filme, ja, die haben auch die Briten, Italiener und Spanier vollbracht und dafür liebt sie eine ganze Gemeinde Filmfans der etwas anderen Art. Bevor ich mir jedenfalls eine der dt. TV-Produktionen antue, greife ich hundertmal lieber auf Harald Reinls Trashgranate zurück. 06/10

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